Seit 25 Jahren gibt es an der Gesamtschule Obere Aar das Schwarze Theater Criesu. 15 Stücke sind in dieser Zeit entstanden. Vom „Kleinen Hobbit“ über „Käptn Blaubär“ bis zur aktuellen Aufführung „Drakula Drakula“. Dies ist gleichzeitig die letzte Produktion, die von der Gruppe in dieser Form auf die Bühne gebracht wird.
Am Ende stehen sie dann doch am vorderen Bühnenrand im grellen Scheinwerferlicht. Verschwitzt aber glücklich in ihren schwarzen, samtenen Ganzkörperkostümen, die Kapuzen nach hinten geschoben. Denn Sören Zechlau, Adrian Gubo, Joshua Kiesel und Dominic Petrak sind für das Publikum bis zu diesem Zeitpunkt unsichtbar geblieben. Sie waren bis dahin im Bühnenhintergrund damit beschäftigt Treppenaufgänge auftauchen und wieder verschwinden zu lassen, abstrakte Malereien in ihren Bilderrahmen zum Tanzen zu bringen oder, scheinbar aus dem Nichts, volle Bierkrüge heran schweben zu lassen.
Seit 25 Jahren
Das funktioniert mit den Mitteln des Schwarzen Theaters, bei dem durch die Bestrahlung mit ultraviolettem Licht Neonfarben sowie alle weißen Materialien leuchten, während die restliche Umgebung dunkel bleibt. „Wir haben unter erschwerten Bedingungen gearbeitet. Eigentlich sind wir zu sechst. Wir brauchen ja auch immer jemanden, der die Requisiten abdeckt“, erläutert Adrian Gubo die besonderen Anforderungen an diese Kunst. Schließlich sollen die Gegenstände erst dann zu leuchten beginnen, wenn sie dramaturgisch gebraucht werden und müssen vorher vor dem UV-Licht geschützt werden.
„Das ist Knochenarbeit. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit der Männer im Schwarz“, betont Michael Wegrich, der zum weißen Teil des Ensembles gehört, wie wichtig die Arbeit aller 16 aktiven Mitglieder des Ensembles ist, ob sicht- oder unsichtbar, ob vor oder hinter der Bühne. Denn das Schwarze Theater ist nur ein Teil im Stilmix von Criesu. Da kommen auch Tanz, Maskentheater und vor allen Dingen Pantomime zum Einsatz. Von dem einen oder anderen nächtens im Schloss des Grafen Dracula ausgestoßenen Schrei einmal abgesehen sind die von Meike Rosenplänter eingesprochenen Off-Texte das einzige, was man außer der abwechslungsreichen und mitreißenden Musik hört. Das sorgt natürlich für ein besonders ausdrucksstarkes und gestenreiches Spiel bei den neun Darstellern.
Da arbeitet Pascal Hug als gebrechlicher Gepäckträger seinen ganz charakteristischen Gang heraus. Da kann man alleine anhand der Gesten problemlos nachvollziehen, was Saskia Freiler in ihrer Rolle als Zugschaffner zubereitet und da kann man so manchen Dialog an den Lippen der Darsteller ablesen. So erfüllt ein lautloses „Hallo!?!“ den Raum als Anna Stockem dem in chaplineskem Gang durch Transsylvanien wandernden Michael Wegrich klar macht, dass sie nach seinem liebevoll zubereiteten Frühstück nicht in fünf Minuten ausgehbereit sein wird.
Musik gibt Signale
„Musik dient bei uns nicht zur Unterhaltung, sondern gibt Signale“, erläutert Spielleiter Hans-Jürgen Rosenplänter, dass sich die Darsteller bei ihren Szenen an musikalischen Referenzpunkten orientieren. Da es für das Schwarze Theater keine fertigen Stücke gebe, müsse jedes einzelne Bild von dem Ensemble erarbeitet werden. Produktionszeiten von zwei Jahren seien deshalb keine Seltenheit. Das gibt den Darstellern aber auch viele Freiheiten, die beispielsweise dazu genutzt werden immer wieder mal das Publikum mit einzubinden.
Da fliegen in der ersten Reihe schon mal ein paar Beine zur Seite, wenn Svenja Kacpura in ihrer Rolle als Graf Dracula sich resolut auf die Suche nach einem Opfer begibt. Dafür werden die Zuschauer aber entschädigt, wenn sie die sterblichen Überreste eines eiskalt geköpften Schokoladen-Osterhasen im Publikum verteilt. Die Schülerin hat eindeutig Blut geleckt. „Ich möchte nach meinem Abitur in zwei Jahren in München auf die Schauspielschule gehen, wenn man mich da nimmt“, berichtet sie von ihren Plänen.
Doch jetzt geht es am 18. Juni erst mal auf die Bühne des Velvets Theaters in Wiesbaden wo „Drakula Drakula“ noch einmal zu erleben ist. Für Criesu ist es nach 25 Jahren die letzte Produktion.
Wiesbadener Kurier, Untertaunus (Hendrik Jung), 14.6.2011